EINLEITUNG. Der Traktat behandelt die Vorschriften über die Verunreinigung der Hände und ihre Reinigung durch Uebergießen mit Wasser. Zuerst wird gelehrt, wie viel Wasser notwendig ist (I, 1; II, 1), welche Geräte zum Uebergießen gebraucht werden dürfen (I, 2), wodurch Wasser untauglich wird (I, 3—5), und in welcher Weise übergossen werden darf (I, 5). Dann wird über die Wirkung des Uebergießens auf das Wasser selbst (II, 2) und auf den Menschen gesprochen, ferner über eintretende Zweifel hinsichtlich des Uebergießens und hinsichtlich der Händereinheit (II, 4). Erst im dritten Abschnitt wird gesagt, auf welche Weise die Hände unrein werden können, durch unreine Gegenstände (III, 1—2) und durch Berührung heiliger Schriften (3—5). Weil in der letzten Mischna dieses Abschnittes jene Session des Sanhedrin zu Jawne erwähnt wurde, in der R. Elasar ben Asarja an Stelle R. Gamliels zum Vorsitzenden gewählt war, werden im vierten Abschnitte noch andere Beschlüsse jener Session angeführt (VI, 1—4). Im Anschluß an III, 3—5 wird über den Heiligkeitscharakter von aramäischen Stellen in der Bibel und von Bibelübersetzungen gesprochen (IV, 5). Dann folgt eine Diskussion mit Sadduzäern über die Verunreinigung der Hände durch Berührung mit heiligen Schriften (IV, 6) und im Anschluß daran weitere Diskussionen mit Sadduzäern (IV, 7—8). Die Händeunreinheit טומאת ידים beruht auf rabbinischer Bestimmung. Nach Thoravorschrift gibt es keine Sonderunreinheit für die Hände1. Bereits Salomo ordnete an, daß Hände, auf deren Reinhaltung man nicht geachtet hatte, Heiligem gegenüber als unrein zu gelten haben (Sabb. 14b)2. Zu den 18 Bestimmungen, die nach Ansicht der Bet Schammai getroffen wurden (Sabb. 13b), gehört auch die Händeunreinheit der Priesterhebe gegenüber אתו אינהו וגזור אף לתרומה (Sabb. 15a). Als Grund wird angegeben, daß man mit den Händen an Unsauberes anrührt, und es deshalb eine Mißachtung der Priesterhebe wäre, sie mit nicht besonders gewaschenen Händen zu berühren (vgl. Raschi Sabb. 14a s. v. עסקניות). Die nicht besonders gewaschenen bezw. behüteten Hände gelten als unrein zweiten Grades, um durch ihre Berührung Priesterhebe untauglich zu machen. Um zu verhindern, daß jemand mit bloßen Hände die Thorarolle und wohl überhaubt heilige Schriften (vgl. hierzu III, 5 und Anm. 17 a. E.) berühre, hatte man schon vorher bestimmt, daß nach Berührung von heiligen Schriften die Hände Priesterhebe untauglich machen. Eine dritte Veranlassung zur Händeunreinheit ist die Berührung von Menschen, die unrein ersten Grades sind, und von unreinen Gegenständen ersten oder zweiten Grades, durch die ja der Mensch selbst nicht unrein werden kann, sowie das Hineinstecken der Hände in ein mit Aussatz behaftetes Haus oder in ein unreines irdenes Gefäß (Jad. III, 1—2). Nach der allerdings nicht als Halacha rezipierten Ansicht R. Akibas können Hände auch unrein ersten Grades werden (III, 1). Maimonides (Einleitung zu Jadajim) unterscheidet zwischen „stillschweigender Händeunreinheit“ סתם ידים, die lediglich auf nicht besonders beachtetem Reinhalten der Hände beruht, und der durch eine Unreinheit oder heilige Schriften hervorgerufenen Händeunreinheit ידים טמאות. Die erste Art hat auf profane Flüssigkeiten keinerlei Einwirkung, so daß Priesterhebe, die von ihnen befeuchtet wird, rein bleibt, während die verunreinigten Hände auch profane Flüssigkeiten unrein ersten Grades machen, wie ja nach Tohor. II,6 Flüssigkeiten durch Unreinheit zweiten Grades selbst wieder unrein ersten Grades werden. Auffällig wäre dann — wie מ״א in der Einl. z. Jad. hervorhebt —, Para VIII, 7. In Tebul. j. II, 2 müßten dann unter ידים מסואבות nur sicher verunreinigte Hände verstanden sein. — In Mischne Thora erwähnt Maim. diese Unterscheidung nicht. — Während bei den 18 Bestimmungen die Händeunreinheit nur hinsichtlich der Priesterhebe ausgesprochen wurde, so daß die Waschung der Hände nur vor Berührung von Priesterhebe und Heiligem notwendig war, wurde sie später auch vor Genuß — aber nicht vor Berührung — von profanem Brote angeordnet (Chagiga 18b) und auch vor Genuß anderer Speisen, wenn man sie in Flüssigkeit tauchte, da ja nach Tohor. II, 6 auch profane Flüssigkeit durch Unreinheit zweiten Grades unrein werden. (Pes. 115a; Orach Ch. 158). Unser Traktat behandelt im wesentlichen die Händeunreinheit und ihre Beseitigung hinsichtlich der Priesterhebe. Doch gelten die meisten Vorschriften über das Uebergießen der Hände auch hinsichtlich des Genusses profaner Speisen; s. a. Chul. 106a/b. Zur Berührung von Heiligem genügt nicht das Uebergießen der Hände; hierzu müssen sie in ein zum Tauchen des unreinen Menchen genügendes Tauchbad eingetaucht werden. (Chagig. II, 5).